Antisemitismus

Der SIG ist befremdet über die Einschätzung des Presserates zur IHRA-Antisemitismusdefinition

Der Presserat kommt in seiner Neubeurteilung der Rüge gegenüber Prime News zu keinem neuen Schluss. Dafür gibt er eine sehr fragwürdige Beurteilung der international anerkannten Antisemitismusdefinition der IHRA ab.  

Der Presserat hat sich erneut mit seiner Rüge gegenüber Prime News beschäftigt. Dem Onlineportal wurde im Juli 2021 beschieden, die journalistische Wahrheitspflicht verletzt zu haben, als es in einem Artikel die Israel-Boykott-Bewegung BDS als «antisemitisch», «antisemitisch gefärbt» oder «von vielen Experten als antisemitisch eingestuft» bezeichnet hatte. Der SIG hat es begrüsst, dass sich der Presserat mit dem Fall neu befasst hat. Der Presserat hat damit auf die Anerkennung der Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance IHRA durch den Bundesrat reagiert. Die Definition wird darüber hinaus mittlerweile von 30 Staaten sowie diversen Städten und Organisationen anerkannt und angewendet. Umso befremdlicher ist jedoch die heute publizierte Neubeurteilung des Presserats.

Subjektive Beurteilung der IHRA-Antisemitismusdefinition durch den Presserat

In seiner Wiederaufnahme des Entscheides zur Berichterstattung von Prime News über BDS kam der Presserat in wenigen Zeilen zum Schluss, dass er den Fall nicht anders beurteilen möchte. Dafür gab er eine eigene subjektive Beurteilung zur IHRA-Antisemitismusdefinition ab, die der SIG nicht nachvollziehen kann. Laut Presserat sei die IHRA-Definition für die journalistische Praxis nur bedingt tauglich und die dazugehörigen Beispiele müsse man immer im Kontext sehen. Genau eine solche Kontextualisierung nimmt der Presserat jedoch selbst nicht vor. Ausserdem ist es sehr fraglich, in welchem Kontext der Aufruf zur Tötung von jüdischen Menschen oder die Leugnung der Schoah für den Presserast nicht antisemitisch sein sollen.

Österreichischer Presserat urteilte gegenteilig

Für den SIG ist es befremdlich, dass der Presserat auch nach Gesprächen mit ihm und in Kenntnis des aktuellen Forschungsstands auf eine kritische Betrachtungsweise der BDS-Bewegung weitgehend verzichtet. In einem vergleichbaren Fall kam der österreichische Presserat zu einer völlig konträren Schlussfolgerung wie sein Schweizer Pendant: einerseits sei «antisemitisch» als Wertung der ideologischen Gesinnung zulässig und anderseits beruhe diese Wertung gegenüber BDS auf einer sachlichen Grundlage.

Enttäuschung über neuen Entscheid

Der SIG hält fest, dass er das Ergebnis des Wiedererwägungsentscheids des Presserats nicht nachvollziehen kann. Die von jüdischen Organisationen vorgebrachten Argumente wurden in keinster Weise berücksichtigt. Dafür wurde eine sehr fragwürdige Einschätzung der IHRA-Definition vorgenommen. Ob die Mitglieder des Presserats über die fachlichen Kompetenzen im Bereich Antisemitismus- und Schoahforschung verfügen, um eine solche Einschätzung mit möglicher Signalwirkung für die Schweizer Medienlandschaft zu treffen, ist dabei fraglich. Der SIG stellt sich nach dem jüngsten Entscheid des Presserats die Frage, wie ernst es dem Presserat im Umgang mit Antisemitismus ist. Auch ist es für den Verband weiterhin klar, dass die IHRA-Definition für Medienschaffende von grossem Nutzen sein kann, wenn es um Einschätzungen im Bereich Antisemitismus geht.

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