Sicherheit und Extremismus

Die Bedrohungslage der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz durch terroristische Angriffe ist erhöht. Die nötigen Sicherheitsmassnahmen sind eine grosse Belastung für die jüdischen Gemeinden und Einrichtungen.

Die jüdische Gemeinschaft und deren Einrichtungen in der Schweiz sind einer erhöhten Bedrohung ausgesetzt. Versammlungsorte, Synagogen oder Schulen könnten Ziele terroristischer Angriffe werden. Diese Gefahr geht insbesondere von rechtsextremen oder islamistischen Kreisen aus. Diese Lagebeurteilung fusst auf den Erfahrungen mehrerer terroristischer Angriffe weltweit und im europäischen Umfeld. Der Nachrichtendienst des Bundes NDB bekräftigt diese Einschätzung in seinem jährlichen Lagebericht und stuft insbesondere die jüdische und muslimische Gemeinschaft als erhöht gefährdet ein. Der SIG engagiert sich seit einem Jahrzehnt intensiv für einen umfassenderen Schutz jüdischer Einrichtung in der Schweiz und für eine angemessene staatliche Kostenübernahme. Der Dachverband nimmt in diesem Bereich auch eine Koordinationsfunktion zwischen Gemeinden, Einrichtungen und Sicherheitsbehörden wahr.

Bedrohung durch Rechtsextreme und Islamisten ist gestiegen

Europa sieht sich seit über zehn Jahren mit einer steigenden Bedrohung extremistischer Gewalt konfrontiert. Die zahlreichen Attentate zeigen, dass es sich dabei nicht um ein vorübergehendes Phänomen handelt, sondern um ein permanentes und reales Sicherheitsrisiko. Betroffen waren über ein Dutzend europäische Länder, was auch zeigt, dass derartige terroristische Aktionen vor Grenzen keinen Halt machen. Wiederholt richteten sich Angriffe spezifisch auf jüdische Einrichtungen. Die Anschläge auf das jüdische Museum in Brüssel, eine Synagoge in Kopenhagen, eine jüdische Schule in Toulouse, einen Supermarkt für koschere Waren in Paris und auf eine Synagoge in Halle sind Beispiele für gezielte und antisemitisch motivierte Angriffe auf die jüdische Gemeinschaft. Weltweit sind auch die Anschläge auf die Synagogen in Pittsburgh und San Diego in den Vereinigten Staaten zu nennen.

Sicherheitskosten sind eine grosse Belastung

Die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz ist schon seit Jahrzehnten mit höheren Anforderungen an die Sicherheit konfrontiert. Auf die nochmals erhöhte Bedrohung wurde in den letzten Jahren zeitnah reagiert. Die Sicherheitskonzepte wurden angepasst und verstärkt. Dazu gehören Gebäudesicherung, Sicherheitspersonal und Ausbildung. Die daraus resultierenden Kosten sind für die jüdischen Gemeinden eine grosse Belastung. Eine akkurate Sicherung jüdischer Einrichtungen ist nicht verhandelbar und darum können die Sicherheitsmassnahmen trotz der finanziellen Belastung nicht reduziert werden. Die jüdischen Gemeinden haben die Belastungsgrenze vor Jahren erreicht und mussten folglich an Ausgaben bei anderen Budgetposten wie Ausbildung, Veranstaltungen oder Erziehung sparen. Das trifft direkt den Kern einer Religionsgemeinschaft: die Ausübung ihrer Religion.

Unterstützung in der Sicherheit durch den Bund

Nach jahrelangen Debatten um Verantwortung und Zuständigkeiten im Sicherheitsbereich wurde die unbefriedigende Lage vom Bund 2017 anerkannt. Im November 2019 hat der Bundesrat schliesslich die «Verordnung über Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit von Minderheiten mit besonderen Schutzbedürfnissen» VSMS in Kraft gesetzt. Die Verordnung entspricht dem Beschluss des Bundesrates vom Juli 2018, die Sicherheit gefährdeter Minderheiten zu stärken und sie bei der Finanzierung im Bereich Sicherheit zu entlasten. Die in der Verordnung definierten Massnahmen basieren auf dem Schutzkonzept, das eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Kantone und Städte sowie der betroffenen Minderheiten, darunter der SIG, vorgeschlagen hatte. Die Verordnung sieht vor, dass sicherheitsrelevante Projekte der betroffenen Minderheiten in den Bereichen bauliche und technische Massnahmen, Ausbildung, Sensibilisierung und Information unterstützt werden.

Die ersten Unterstützungsrunden zeigten eine grosse Nachfrage

Der Bund sah damals lediglich Unterstützungsleistungen in der Höhe von bis zu 500'000 Schweizer Franken für die genannten Massnahmen pro Jahr vor. Auf dieser Grundlage wurden vom fedpol drei Gesuchszyklen von 2020 bis 2022 durchgeführt. Die von jüdischen Gemeinden und Einrichtungen eingegebenen Projekte zielten vor allem auf bauliche Massnahmen ab, welche die Sicherheit von Synagogen, Schulen und Gemeindeeinrichtungen erhöhen. Die Menge an Gesuchen haben den dringlichen Bedarf der jüdischen Gemeinschaft nach Unterstützung im Sicherheitsbereich gezeigt. So wurden 2020 bis 2022 insgesamt 27 Gesuche bewilligt, davon 23 aus der jüdischen Gemeinschaft. Der Bedarf an finanziellen Mittel zur Verbesserung der Sicherheit der jüdischen Einrichtungen überstieg jedoch die zur Verfügung stehenden Mittel jeweils deutlich. Einige Gesuche mussten darum abgelehnt werden. Es wurde auch deutlich, dass eine Unterstützung bei den laufenden Sicherheitskosten dringend angezeigt ist.$

Der Bundesrat hat schliesslich im April 2022 entschieden, die Mittel des Bundes ab 2023 von 500'000 Franken auf insgesamt 2.5 Millionen Franken pro Jahr zu erhöhen. In diesem Rahmen standen neu Mittel für Beteiligungen des Bundes an ganzheitlichen Sicherheitskonzepten zur Sicherung gefährdeter Einrichtungen zur Verfügung. Damit berücksichtigte der Bund erstmals die hohen laufenden Sicherheitskosten gefährdeter Einrichtungen. Die hohe Nachfrage nach Unterstützung wurde 2023 bei der Anzahl Bewilligungen deutlich. Von nun 34 bewilligten Gesuchen alleine 2023 entfielen 26 auf die jüdische Gemeinschaft. Die Dringlichkeit der neu geschaffenen Unterstützung für Sicherheitskonzepte zeigen die 19 entsprechenden Projekte nur für diese Kategorie.

Unzureichende Mittel wurden vom Parlament 2023 nochmals erhöht

Dieser Zahl an Bewilligungen standen unbewilligte Gesuche gegenüber, die im Regelfall wegen ungenügender Mittel nicht bedient werden konnten. Das zeigten noch 2023 die vielen offenen und nötigen Sicherheitsmassnahmen jüdischer Institutionen und die damit verbundenen laufenden Sicherheitskosten, welche die jüdische Gemeinschaft belastet haben. Der SIG ging weiter von mehreren Millionen Franken aus, die jüdische Gemeinden und jüdische Einrichtungen aufgrund ihrer exponierten Lage selber finanzieren müssten. Diese allgemeine Lage hatte sich seit Ausbruch des Gazakonflikts nochmals deutlich verschärft, weshalb die Sicherheitsmassnahmen erhöht werden mussten. Ein Ende dieser Situation ist weiterhin nicht abzusehen. Auf dieser Grundlage hat das Parlament im Dezember 2023 eine Erhöhung der Mittel für Sicherheitsmassnahmen gefährdeter Minderheiten um weitere 2.5 Millionen Franken bewilligt, mit bemerkenswert hoher Zustimmung in beiden Kammern. Damit dürften die Finanzierung aller Gesuche für das Jahr 2024 gesichert sein. Im Januar 2024 wurden schliesslich 34 Projekte im Umfang von 4.7 Millionen Franken bewilligt, 32 davon aus der jüdischen Gemeinschaft.

Kantone und Städte stehen in der Pflicht

Der Bund hatte seit Beginn des Prozesses die Kantone dazu aufgefordert, einen eigenen Anteil an den Kosten zu leisten. Mittlerweile haben sich fast alle Kantone und Städte mit grösseren jüdischen Gemeinden dazu entschlossen, sich an den Sicherheitskosten zu beteiligen. Kanton und Stadt Zürich sowie die Kantone Basel-Stadt, Genf und Bern haben umfangreichere Finanzierungshilfen und Lösungen umgesetzt. Weitere Unterstützungsleistungen haben der Kanton Waadt sowie die Städte Biel, Lausanne und Winterthur gesprochen.

Der SIG fordert weitergehende Lösungen in der Sicherheit

Der Entscheid des Parlaments Ende 2023 und die Erhöhung der Mittel kommen zum richtigen Zeitpunkt. Es ist die dringend erwartete Reaktion auf die angespannte Sicherheitslage. Die finanzielle Entlastung wird nicht umgehend spürbar sein, sondern erst mit einem Verzug bis zur Bewilligung und Umsetzung. Bis dahin müssen sich jüdische Gemeinden und Institutionen laufend an die Sicherheitsanforderungen anpassen, um Mitglieder, Einrichtungen, Schulen etc. zu schützen. Der SIG ist sehr zufrieden und begrüsst es, dass dieses verantwortungsvolle Handeln des Parlaments zu spürbaren Entlastungen bei den Sicherheitskosten jüdischer Gemeinden und Einrichtungen führen wird. Der Verband hält aber auch fest, dass nun alle Kantone mit jüdischen Einrichtungen aufgefordert sind, regelmässige und substanzielle Beiträge für laufende Sicherheitskosten zu leisten. Ziel ist es, dass von Bund, Kantonen und Städten dauerhafte Finanzierungslösungen gefunden und umgesetzt werden.

Verbot von Nazi-Symbolen in der Öffentlichkeit

Der SIG fordert seit Jahren ein Verbot von Nazi-Symbolen. Zwei Vorstösse zur Umsetzung eines solchen Verbots haben erste politische Hürden überwunden.

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