Für die Bezeichnung eines jüdischen Gotteshauses werden unterschiedliche Begriffe verwendet, allen voran meist das Wort Synagoge, dessen griechischer Ursprung auf den Hauptzweck des Ortes als Versammlungsraum hinweist. Die Bezeichnung Bet Haknesset gilt als hebräisches Synonym des Wortes Synagoge. Oft wird auch die Bezeichnung Bet Hatefila verwendet, was so viel wie «Haus des Gebetes» bedeutet. Die Ausdrücke Betsaal oder Betlokal sind als Unterbegriffe des Begriffs Synagoge zu verstehen. Sie bezeichnen im Gegensatz zum Wort Synagoge lediglich den Raum, in dem der Gottesdienst stattfindet. Sie werden meist in Verbindung mit kleineren Synagogen verwendet.

Im jiddischen Sprachgebrauch wird die Synagoge als Schul oder Bejs Hamidrasch bezeichnet. Mit fortschreitender Emanzipation und Assimilation wird im französischen Sprachgebrauch, aber auch im Deutschen der Ausdruck temple respektive Tempel benutzt, sowohl von christlicher wie auch von jüdischer Seite. Der Begriff findet seinen Ursprung in der jüdischen Reformbewegung anfangs des 19. Jahrhunderts.

Schon zur Zeit des Tempels zu Jerusalem, der bis zu seiner Zerstörung im Jahre 70. n. Chr. das religiöse Zentrum des Judentums darstellte, entstanden erste Synagogenbauten, vornehmlich im babylonischen Exil, die als Räume für gemeinsame Gottesdienste und zur religiösen Unterweisung dienten. Noch vor hellenistischer Zeit entstanden erste eigenständige Bauten, die vornehmlich Raumformen griechischer und römischer Bautradition übernahmen. Aus der Zeit des Mittelalters sind nur wenige Synagogenbauten bekannt, deren optische Präsenz sich meist dem mittelalterlichen Stadtbild unterzuordnen hatten.

Der Bautypus Synagoge besitzt keine über Jahrhunderte währende Tradition, sondern übernahm bis zum 18. Jahrhundert die Formen und den Ausdruck lokaler Baukunst. Erst mit der Emanzipation, das heisst der rechtlichen Gleichstellung der Juden im 19. Jahrhundert, die ihnen die freie Ausübung ihrer Religion zugestand, wichen die meist bescheidenen Versammlungsräume einem neu entstehenden Bautypus. Dieser diente den jüdischen Gemeinden als Mittel, ihre rechtliche Gleichstellung mit einem entsprechenden Bau nach aussen hin zu dokumentieren. Aus dieser Absicht entstanden oft auch Synagogen in orientalischem Baustil. Die Wahl dieses Stils sollte dazu dienen, sich von Kirchenbauten zu unterscheiden, die meist in gotischem oder romanischem Stil errichtet wurden. Der neue Stil verkörperte eine eigenständige Identität, basierend auf dem Begriff des Orients, damaliges Synonym für Palästina, der Wiege des Judentums.

Die Synagoge ist - wie die Kirche - nach Osten hin gerichtet. Zur Aufbewahrung der Thorarollen dient der Thoraschrank, hebräisch Aron Hakodesch, heiliger Schrank genannt, der sich immer auf der Ostseite befindet. Die Rollen werden auf der Bimah, dem Lesepult, ausgebreitet, von wo aus die Rezitation aus den fünf Büchern Moses erfolgt, dem eigentlichen liturgischen Höhepunkt des jüdischen Gottesdienstes. In Synagogen, die nach sephardischem Ritus geführt werden, liegt die Bimah nicht in der Raummitte oder auf der Ostseite vor dem Aron Hakodesch, sondern auf der dem Thoraschank gegenüberliegenden Westseite. In orthodox geführten Synagogen halten sich Frauen während der Gottesdienste von den Männern getrennt auf, entweder über einen räumlich abgesonderten Bereich auf dem gleichen Geschoss wie die Männer oder auf Emporen in den Obergeschossen.

Die Zeit nach dem Holocaust hat zu einer intensiven Auseinandersetzung mit einem neu zu schaffenden Bautypus und der Suche nach dem für eine neuzeitliche Synagoge zu wählenden formalen Ausdruck und Raumkonzept geführt. Zurzeit entstehen vor allem im stark anwachsenden deutschen Judentum moderne Synagogenbauten, die sich als Beitrag auf der Suche einer neuen Nachkriegsidentität verstehen.

In der Schweiz bestehen heute ca. 24 als eigenständige Bauten erstellte Synagogen neben eine Vielzahl von Gebetsräumen, die in Geschossen von auch anderen Zwecken dienenden Gebäuden liegen. Der Ursprung des Schweizerischen Synagogenbaus liegt in den beiden Synagogen der Aargauer Judendörfer Endingen und Lengnau. Nach der Gewährung des Rechts zur freien Niederlassung sind vor allem in den Städten Synagogen entstanden, die bis heute den Gemeinden als Gotteshaus dienen.

Autor

Ron Epstein, 2009

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