Die Antisemitismus-Arbeitsdefinition der IHRA ermöglicht eine einheitliche und systematische Erfassung und Vergleichbarkeit des Phänomens Antisemitismus. Sie wird mittlerweile von über 30 Staaten anerkannt.

Um einheitliche Vorgehensweisen bei Erinnerung, Bildung und Forschung zum Thema Holocaust garantieren zu können, wurde 1998 die International Holocaust Remembrance Alliance IHRA gegründet. Bis 2013 hiess sie noch Task Force for international Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research ITF. Stand 2021 gehören der IHRA 35 Mitgliedstaaten an. Sie hat ausserdem einen Partnerstaat und acht Staaten haben Beobachterstatus.

Auch die Schweiz anerkennt die IHRA-Antisemitismusdefinition

Eine der wichtigsten Aufgaben der IHRA war die Erarbeitung einer Antisemitismus-Definition, die von Behörden, Justiz, NGOs und Privaten genutzt werden kann. Nach langjährigen Debatten und unter Mitarbeit der führenden Antisemitismus- und Holocaustforschenden wurde 2016 eine Arbeitsdefinition verabschiedet. Das Europäische Parlament hatte darauf 2017 seine Mitgliedsstaaten dazu aufgerufen, diese zu übernehmen. Die Definition wird mittlerweile von über 30 Staaten sowie diversen Städten und Organisationen anerkannt und angewendet. Auch der Schweizer Bundesrat hat 2021 den Wert und die praktische Relevanz der IHRA-Definition anerkannt und alle involvierten staatlichen und nichtstaatlichen Akteure dazu aufgerufen, sich mit der Arbeitsdefinition und der dazugehörigen Debatte vertiefter auseinanderzusetzen.

Definition und Anwendungsbeispiele

Die IHRA-Definition besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird die Definition formuliert:

«Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die sich als Hass gegenüber Jüdinnen und Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.»

Im zweiten Teil werden Beispiele aufgeführt. Diese sollen zur Veranschaulichung dienen und in der Anwendungspraxis unterstützend wirken. Mit der breiten Verwendung und Akzeptanz dieser Antisemitismusdefinition wird eine einheitliche und systematische Erfassung und Vergleichbarkeit des Phänomens ermöglicht.

Der SIG und weitere NGOs arbeiten mit der IHRA-Definition

Auch der SIG arbeitet bei der Erstellung des Antisemitismusberichts und bei der Beurteilung von möglicherweise antisemitischen Vorfällen mit der IHRA-Definition. Dadurch kann in einem Grossteil der Fälle eine eindeutige Zuordnung getroffen werden. Die IHRA-Definition findet auch Verwendung bei der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA, die zusammen mit dem SIG den Antisemitismusbericht für die deutsch- italienisch- und rätoromanischsprachige Schweiz verfasst, und von der Coordination intercommunautaire contre l’antisémitisme et la diffamation CICAD, die den Antisemitismusbericht für die Westschweiz herausgibt.

Beispiele der IHRA-Arbeitsdefinition

Die Liste ist nicht abschliessend

  • Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Jüdinnen und Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung sowie die Beihilfe zu solchen Taten oder ihre Rechtfertigung.
  • Falsche, entmenschlichende, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Jüdinnen und Juden oder die Macht der Jüdinnen und Juden als Kollektiv – insbesondere aber nicht ausschließlich die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Jüdinnen und Juden.
  • Das Verantwortlichmachen der Jüdinnen und Juden als Volk für tatsächliches oder unterstelltes Fehlverhalten einzelner Jüdinnen und Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder sogar von Nichtjüdinnen und Nichtjuden.
  • Das Bestreiten der Tatsache, des Ausmaßes, der Mechanismen (z.B. der Gaskammern) oder der Vorsätzlichkeit des Völkermordes an den Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Unterstützer und Komplizen während des Zweiten Weltkrieges (Holocaust).
  • Der Vorwurf gegenüber den Jüdinnen und Juden als Volk oder dem Staat Israel, den Holocaust zu erfinden oder übertrieben darzustellen.
  • Der Vorwurf gegenüber Jüdinnen und Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.
  • Das Aberkennen des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.
  • Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet oder gefordert wird.
  • Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
  • Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
  • Das kollektive Verantwortlichmachen von Jüdinnen und Juden für Handlungen des Staates Israel.

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