Die ‚Schoah‘ bezeichnet die Ermordung von ungefähr sechs Millionen Juden in Europa durch die deutschen Nationalsozialisten, deren Verbündete und Helfer in den Jahren 1939 bis 1945.

Der aus dem Hebräischen stammende Begriff Schoah (dt. Katastrophe, Untergang) wird in der deutschen Sprache meist als weniger bekanntes Synonym zum nicht unumstrittenen Begriff ‚Holocaust‘ verwendet, dessen Bedeutung ‚das Brandopfer‘ im Zusammenhang mit der Vernichtung der europäischen Juden nicht unbedingt angemessen erscheint.

Obwohl das jüdische Volk immer wieder Verfolgungen ausgesetzt war, kann die Schoah nicht in die Reihe dieser Pogrome eingeordnet werden. Nicht nur quantitativ ist die Vernichtung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus nicht mit vorangehenden Verfolgungen vergleichbar, auch in seiner Totalität unterscheidet sich der nationalsozialistische Vernichtungszug gegen die europäische Judenheit von früheren antijüdischen Ausschreitungen. Beim Völkermord an den Juden handelte es sich weder um zufälliges Vorgehen gegen eine Minderheit noch war er das Produkt einzelner Agitatoren. Die Planmässigkeit im Vorgehen, der industrielle Charakter der Vernichtung und die Unterordnung sowohl ökonomischer als auch kriegsplanerischer Ressourcen unter die Vernichtung der Juden machen die Einzigartigkeit der Shaoh aus.

Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 wurden die Juden Deutschlands schrittweise entrechtet. Die ‚Nürnberger Gesetze’ vom 15. September 1935 bildeten die Rechtsgrundlage für kommende Berufsverbote, Enteignungen, Deportationen und schliesslich die Vernichtung. Die forcierte Auswanderung deutscher Juden fand mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ein Ende. Ein ‚judenfreies Reich’ war jedoch weiterhin das Ziel: Die Konzentration der Juden in den neu errichteten Ghettos in Polen und später auch in weiteren Gebieten im Osten ermöglichte in den kommenden Jahren die systematischen Deportationen in die Arbeits- beziehungsweise Vernichtungslager. Die ‚logistische Vorarbeit’ für die ‚Endlösung’ wurde demnach schon Jahre vor der Wannseekonferenz im Januar 1942 geleistet.

Wann genau der endgültige Entscheid zur Vernichtung der Juden gefallen war, lässt sich nicht sagen. Irgendwann zwischen dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 wurde wohl der definitive Entschluss getroffen. Schon vor der besagten Konferenz, in der Reinhard Heydrich (Chef des Reichsicherheitsamtes (Polizei- und Geheimdienstzentrale) und stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren) über die ‚Endlösung der Judenfrage’ informierte, haben Sondereinsatzkommandos Massaker in den eroberten oder angeschlossenen Gebieten im Osten verübt. Zwischen Juni 1941 und April 1942 wurde so im Baltikum, in Weissrussland, in der Ukraine und auf der Krim an die 560'000 Menschen ermordet, darunter praktisch die gesamte jüdische Zivilbevölkerung.

Die Einrichtung von Vernichtungslagern markiert den Beginn der fabrikmässigen Ermordung. Auch in den schon zuvor bestehenden Konzentrationslagern wurde gemordet, jedoch lautete dort das Schlagwort ‚Vernichtung durch Arbeit‘. Wer in ein Konzentrationslager kam, hatte zumindest eine kleine Chance zu überleben, nicht aber in Vernichtungslagern, die eigens für eine ‚schnelle und saubere’ Ermordung von hunderttausenden von Menschen konzipiert und errichtet wurden. Die Konzentration aller Juden in Lagern oder Ghettos erleichterte die Deportation in die Konzentrations- beziehungsweise Vernichtungslager. Die Lager wiederum waren an das Eisenbahnsystem angebunden, so dass die mit Menschen gefüllten Viehwaggons direkt in die Lager gelangten und noch auf der ‚Rampe’ die Selektion, sprich die Entscheidung über Leben und Tod, durchgeführt werden konnte. Die Ermordung durch Gas erlaubte es den Nationalsozialisten, innerhalb kürzester Zeit eine grosse Zahl an Menschen ‚sauber’ umzubringen und anschliessend die Leichen in den angrenzenden Öfen zu ‚entsorgen’.

Nicht nur Juden waren Opfer der Nationalsozialisten, auch andere Minoritäten wie Roma und Sinti, Homosexuelle und Behinderte fielen dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer. Die Ermordung von sechs Millionen Juden ist nicht der einzige Völkermord in der Geschichte der Menschheit, jedoch unterscheidet er sich in der Qualität von anderen Genoziden: Nie sonst wurde ein Volk so gezielt und geplant ermordet.

Autorin

Stefanie Mahrer, 2009

Literatur

Benz, Wolfgang: Der Holocaust, München 1995.

Rechtlicher Hinweis: Dieses Factsheet darf gesamthaft oder auszugsweise mit dem Hinweis «SIG Factsheet» zitiert werden

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