Stetiger technologischer Forschritt, laufende Abnahme des staatlichen Engagements und eine infolge des Mangels an eigenen Rohstoffen unvermindert starke Abhängigkeit vom Ausland. So lässt sich die israelische Wirtschaft am treffendsten charakterisieren. Wirtschaftlich und industriell zählt Israel zu den fortschrittlichsten Staaten der entwickelten Welt.

Die Weltbank und andere Institutionen reihen Israel seit Jahren immer weit vorne ein. Nach den USA beispielsweise gibt es kein Land mit mehr Startup-Gesellschaften als Israel, und von allen Staaten ausserhalb Nordamerikas weist kein anderes Land eine stärkere Präsenz an der US-Börse auf als Israel. 2007 stand das israelische Brutto-Inlandprodukt (BIP) mit 232,7 Milliarden Dollar an 44. Stelle aller Staaten der Welt, und gar auf dem 22. Rang, wenn man den Pro-Kopfwert des BIP von 33’300 Dollar als Vergleichsmassstab nimmt. Der Dienstleistungssektor generierte 2007 über 67, die Industrie 30,2 Prozent des BIP, während die Landwirtschaft gerade noch 2,7 Prozent beisteuerte. Die Zeiten der Jaffa-Orange als einst dominierende Handelsmarke des jüdischen Staates sind lange schon Geschichte. Die Verschiebung in der Produktionsstruktur der israelischen Wirtschaft lässt sich daran ablesen, dass heute über ein Fünftel der Gesamtexporte auf den Sektor des Hightech entfallen. Im Einzelnen geht es unter anderem um Telekommunikationsausrüstung, integrierte Schaltungen oder Druckmaschinen. Ferner ist das an eigenen Rohstoffen arme Israel weltweit führend in der Wasserkonservierung, in der Zurückdrängung der Wüste und der Nutzung geothermischer Energie. Freihandelsabkommen mit den USA, der EU, Kanada, Ägypten und Jordanien tragen ebenfalls zur Festigung von Israels Wirtschaft bei.

Rüstung und Diamanten nehmen Sonderstellungen ein. Zwar geizt die Rüstungsindustrie mit detaillierten Auskünften, doch wenn man weiss, dass 2008 allein mit Indien Lieferverträge von über einer Milliarde Dollar abgeschlossen worden sind, lässt sich erahnen, dass diese Branche ein für Israel lohnendes, wenn auch nicht unumstrittenes Milliardengeschäft ist. Allgemein gilt Israel weltweit als einer der fünf grössten Exporteure von Waffen und anderen Rüstungsgütern. Das Schneiden und Schleifen von Diamanten war lange im wahrsten Sine des Wortes ein glänzendes Business. Die Weltwirtschaftskrise überging aber auch diesen Sektor nicht. So bedeuten die Netto-Diamantenausfuhren von 2,6 Milliarden Dollar für die Monate Januar bis September 2009 einen Rückgang von fast 53 Prozent gegenüber der gleichen Vorjahresperiode.

Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Die globale Finanzkrise fand Israel ökonomisch und wirtschaftspolitisch zwar besser vorbereit als andere Staaten, aber die Auswirkungen waren dennoch gravierend. Die Arbeitslosigkeit stieg zeitweise auf über acht Prozent, und viele Klein- und Mittelbetriebe überstanden den Höhepunkt der Krise 2008 und in der ersten Hälfte 2009 nicht. Das hat die Situation sprich Benachteilung bestimmter Gruppen wie äthiopische und russische Einwanderer, Ultrareligiöse und israelische Araber verschärft. Erschwerend kommt hinzu, dass Ende 2008 laut einem Bericht der Nationalversicherung (Bituach Leumi) fast 20 Prozent aller Israeli, unter ihnen etwa 170’000 Kinder, in Armut lebten. Besonders beunruhigt, dass immer mehr Schichten des Volkes, die bisher als stabil gegolten hatten, von der Armut erfasst worden sind. Ende 2008 waren 46,3 Prozent der Armen erwerbstätig und 22,1 Prozent verfügten über Mittelschulbildung. Total lebten Ende 2008 1,651 Millionen Israelis unter der Armutsgrenze. Die rund 180’000 in Israel illegal arbeitenden Ausländer verschärfen das Problem aus israelischer Sicht, weshalb die Regierung die ökonomisch ungebetenen Gäste massenweise ausschaffen will. Das kreiert menschliche Tragödien und schadet Israels Image.

Die Krise scheint langsam abzuebben. Für 2009 rechneten Experten zwar noch mit einem Minus-Wachstum von 1,5 Prozent, doch Finanzminister Yuval Steinitz erwartet für Ende 2010 bereits wieder ein reales Wachstum, was die Bank of Israel bestätigt. So wird die Wirtschaft 2010 demnach um 2,3 Prozent wachsen, ein Jahr später um 4 und 2012 gar um 5 Prozent. Eine Verwirklichung dieser Prognose würde Israel gestatten, sich schon bald wieder seinen akutesten Wirtschaftsproblemen zu widmen: dem Abbau des Gastarbeiterbestandes und der Ungerechtigkeiten für Randgruppen, der Förderung von Negev und Galiläa, der Bewältigung der Wasserkrise und der Schaffung echter Wirtschaftsbeziehungen zu den Palästinensern des Westjordanlandes und zur arabischen Welt.

Autor

Jacques Ungar, 2010

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