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#kontrovers – ein Dialog um Sicherheit und Religionsfreiheit

Am 10. Juni 2018 hat die Israelitische Cultusgemeinde Zürich ICZ, unterstützt durch den SIG, zu einem Polit-Talk mit hochkarätigen nationalen Politikgrössen eingeladen. Die Leitung der Debatte um Religionsfreiheit und die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft hatte Arena-Moderator Jonas Projer inne. Ganz im Sinne des Titels wurde die Debatte auf dem Podium wie auch mit dem Publikum sehr kontrovers geführt. Fast 300 gespannte Gäste lauschten der Diskussion und brachten sich auch engagiert ein.

In der Mitte des Festsaals der ICZ stellten sich die Nationalräte Balthasar Glättli der Grünen, Luzi Stamm der SVP und Doris Fiala der FDP, Ständerat Daniel Jositsch der SP und Valentin Abgottspon, Vizepräsident der Freidenker, einem Dialog – offen und ehrlich und das um kontroverse Themen. Ganz im Sinne einer Folgeveranstaltung des Dialogpreises Schweizer Juden, der Ende Mai in Bern verliehen wurde, wurde der Aufforderung nach mehr Dialog Rechnung getragen. Herbert Winter, Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds SIG, hatte sich mit dem Aufruf «Wir müssen reden» für einen gesamtgesellschaftlichen Dialog stark gemacht.

Kontrovers – Religion ohne Freiheit

Jonas Projer eröffnete die Diskussion um Religionsfreiheit mit der immer wiederkehrenden Kontroverse um Dispensen für den Schwimmunterricht in den Schulen. Alle Teilnehmenden zeigten sich erst einig darin, dass Integration und eine umfassende Schulbildung an einem Fehlen im Schwimmunterricht nicht scheitern würde. Während Daniel Jositsch ganz generell für ein möglichst liberales Verständnis und Abwägen in der Beziehung Schule und Religion eintrat, plädierte Doris Fiala ganz praktisch für frei einsetzbare Jokertage. Luzi Stamm räumte zwar der jüdischen Gemeinschaft Spezialregelungen ein, schränkte diese aber sogleich für die muslimische Gemeinschaft ein. Sollte es zu einer Zunahme solcher Ausnahmen von muslimischer Seite kommen, müsse eine Einschränkung für alle eingeführt werden. Ganz allgemein warnte er vor der Entwicklung von Parallelgesellschaften. Balthasar Glättli erwiderte darauf, dass er bisher erst eine Parallelgesellschaft erlebt habe und dies in Zürich Wiedikon.

Beim Thema Beschneidung griff Valentin Abgottspon in die Debatte ein und sprach sich für die freie Entfaltungsmöglichkeit von Kindern aus, wozu auch deren körperliche Unversehrtheit gehöre. Doris Fiala wollte die Beschneidung wiederum als medizinische Präventionsmassnahme verstanden wissen. Balthasar Glättli, in dieser Frage vorsichtig abwägend, stellte die Feststellung in den Raum, dass es sich dabei um eine Grundsatzdiskussion handle, wie weit Religionsfreiheit gegenüber einem unmündigen Kind gehe. Daniel Jositsch dagegen, wenig verlegen, warf den Beschneidungsgegnern fragwürdige Motive vor: Es sei komisch, dass ein Teil einer Mehrheit, die nicht betroffen sei, eine Minderheit, die betroffen sei aber damit kein Problem habe, vor irgendetwas beschützen wolle.

Kontrovers – Sicherheit ohne Staat

Der zweite Teil des Abends drehte sich um Fragen der Sicherheit und Bedrohung der jüdischen Gemeinschaft. Ob nun Antisemitismus in der Schweiz, im Hinblick auf die Situation in Europa, ebenfalls zugenommen habe, liess sich nicht beantworten - zumindest im Alltag oder auf der Strasse. Daniel Jositsch hielt fest, dass es Antisemitismus früher gab und sicher auch in Zukunft geben würde. Er zeigte sich aber optimistisch, da die Jungen heute weniger Vorurteile hätten als früher. Es erwiesen sich jedoch alle über die Zunahme von Beleidigungen und Hassbotschaften im Internet und in den Sozialen Medien sehr besorgt . Alle Teilnehmer konnten von eigenen Erfahrungen mit Anfeindungen im Netz berichten. Das Problem beträfe insofern nicht nur die jüdische Gemeinschaft, sondern sei ein gesellschaftliches und müsse dringend angegangen werden. Herbert Winter und Sabine Simkhovitch-Dreyfus vom SIG bestätigten dieses Bild. Angesprochen auf Lösungen, meinte Winter, dass nur Dialog und Aufklärung etwas nütze und hier vor allem bei Jugendlichen angesetzt werden müsse.

Eine Beteiligung des Bundes und der Kantone an die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft war unbestritten. Dass nun auf politischer Ebene wahrscheinlich auch tatsächlich handfeste Massnahmen in den nächsten Monaten ergriffen würden, hatte die Zustimmung aller Beteiligten. Einzig die Frage, wie exklusiv der Staat seine Kompetenzen und das Gewaltmonopol handhaben würde, zeigte teils unterschiedliche Positionen auf.

Insgesamt hat der Polit-Talk sein Versprechen gehalten und viele Themen, die immer wieder zu Debatten und Auseinandersetzungen führen, ohne Tabus und Einschränkungen aufgenommen. Er war kontrovers und manchmal sehr gegensätzlich. Aber auf Augenhöhe, mit Respekt und Anstand wurde ein Dialog geführt, der noch zu vielen anschliessenden Diskussionen in kleiner Runde führten.

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