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«Das Tessin ist einer der süssesten Orte des jüdischen Exils»

Es ist vielen kaum bewusst: Auch im Tessin leben Schweizer Juden – wenn auch nur wenige. Diejenigen, die dort leben, geniessen ein herrliches Leben, sagt der Tessiner Jude Elio Bollag. Aktuell sind wir mit unserer Ausstellung " 150 Jahre Gleichberechtigung der Schweizer Juden" im Tessin zu Gast. Anlässlich der Ausstellung haben wir mit Elio Bollag über das jüdische Leben im Kanton Tessin gesprochen.

Bei der Abstimmung 1866 über die Gleichberechtigung der Juden haben die Tessiner der Vorlage mit 84.5% zugestimmt. Sie zeigten sich also sehr offen. Wie lebt es sich heute als Jude im Tessin?

Herrlich! Antisemitismus gibt es im Tessin kaum.

Ich sage gerne: Lugano und das Tessin sind einer der süssesten Orte des jüdischen Exils! Hier hat man die Vorteile des italienischen Lebensstils und alle Vorteile der Schweiz. Die Sonne, der See, der Monte Salvatore, Kirschen im Sommer, Kakis im Winter – was willst du mehr? Hier fliesst nicht Milch und Honig, aber Wein und immer genug gutes Quellenwasser. Jetzt bitte nicht neidisch sein!

Dennoch leben nur wenige Juden im Tessin. Wie viele sind es?

Heute leben ca. 350 jüdische Personen im Tessin, aber die genaue Zahl ist nicht bekannt. Es gibt noch eine jüdische Gemeinde in Lugano, die comunità israelita di Lugano. Ursprünglich war sie eine chassidische Gemeinde. In den 1920er Jahren nahm ihre Mitgliederzahl zu, und bis vor 20 Jahren war sie noch aktiv. Heute ist das Gemeindeleben inexistent, alle Mitgliederfamilien sind aus dem Tessin weggezogen.

Wie leben denn nun die verbliebenen Tessiner Juden ihr Judentum?

Seit ungefähr zehn Jahren gibt es eine Chabad-Gemeinde in Lugano. Der junge Rabbiner aus den USA versucht zu retten, was zu retten ist. Er organisiert zum Beispiel einen Seder-Abend oder ein öffentliches Kerzenzünden an Chanukka.

Vor rund fünfzig Jahren gab es in Lugano jeden Tag am Morgen und am Abend ein Minjan. Juden gehörten zum Stadtbild von Lugano. Doch seit etwa fünfzehn Jahren sind sie verschwunden, und alle jüdischen Geschäfte haben geschlossen. Heute treffen sich noch höchsten fünfzehn bis zwanzig Personen am Samstag und an den Feiertagen zum Gebet.

Was kann die Ausstellung bei der Tessiner Bevölkerung bewirken?

Mit dem LAC (Lugano Arte et Cultura) hat der SIG einen Ausstellungsort gewählt, der bei der Tessiner Bevölkerung Beachtung findet. Ich finde, wenn die Ausstellung in der ganzen Schweiz gezeigt wird, muss sie unbedingt auch im Tessin Halt machen.

Die Ausstellung vermittelt den nichtjüdischen Menschen Wissen über das jüdische Leben in der Schweiz. Das ist sehr gut. Bereits das Buch „Melnitz“ von Charles Lewinsky, das im Tessin sehr erfolgreich war, brachte der Tessiner Bevölkerung die Geschichte der Juden in der Schweiz näher.

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