Thursday, 19. May 2016, Zürich

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident Fehr, lieber Mario

Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin Mauch

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Henggartner

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde

Es ist mir eine grosse Freude, Sie heute im Namen des SIG an der Universität Zürich so zahlreich begrüssen zu dürfen.

Am 19. Mai 1966, also auf den Tag genau vor 50 Jahren, fand in Zürich eine Jubiläumsfeier statt, bei der man damals der 100 Jahre Gleichberechtigung der Juden in der Schweiz gedachte. Wenn wir uns heute, ein halbes Jahrhundert später, erneut in einem Jubeljahr befinden – es ist mittlerweile bekanntlich das 150. – hat dies für uns Juden eine spezielle Bedeutung.

Besonders stolz macht es mich, dass wir unsere Wanderausstellung hier in Zürich nicht an irgendeinem Ort, sondern im Lichthof der Universität zeigen dürfen. Ich möchte jetzt auch gleich die Gelegenheit ergreifen, Ihnen, Herr Rektor Hengartner, für diese Möglichkeit herzlich zu danken, ebenso wie für die ausgezeichnete Zusammenarbeit in Hinblick auf den heutigen Tag.

Wahrscheinlich werden nur wenige von Ihnen wissen, dass bereits 1861, also ein Jahr vor der Gleichberechtigung der Juden im Kanton Zürich und ganze fünf Jahre vor der landesweiten Emanzipation, der aus Kassel stammende Geschichtsprofessor Maximilian Büdinger als erster jüdischer Ordinarius an die Uni Zürich berufen wurde. Drei Jahre später wurde er sogar zum Rektor gewählt. Zwar gehörte Büdinger mit seiner Ordinierung damals zu den angesehensten Persönlichkeiten Zürichs, der Kauf eines Hauses war ihm allerdings ironischerweise aufgrund von Ausnahmegesetzen für Juden weiterhin verboten.

Die Aufhebung aller Ausnahmebestimmungen und Sondergesetze erfolgte dann 1866 mit dem eidgenössischen Referendum, welches die landesweite Gleichstellung der Juden brachte. Entgegen allen Befürchtungen stiess diese auf die überwältigende Zustimmung der Zürcher Stimmbevölkerung, die mit 93% für die Revision des Artikel 41 der Bundesverfassung, also für die Gleichstellung, votierte. Im Vergleich dazu fiel das gesamtschweizerische Ergebnis mit einer Mehrheit von 53% denkbar knapp aus.

Nun konnte sich jüdisches Leben in allen Landesteilen entfalten. Die jüdische Bevölkerung, die alt eingesessene ebenso wie die von dann an zugewanderte, trug wesentlich zur prosperierenden Entwicklung der neuen städtischen Zentren bei. Bis heute lebt in Zürich mit rund 6000 Personen die grösste jüdische Gemeinschaft der Schweiz, was sich auch am regen kulturellen und gesellschaftlichen Leben zeigt.

Die Vielfalt der Juden und des Judentums in der Schweiz findet in der vorliegenden Ausstellung ihren Ausdruck: Die in der Ausstellung versammelten 15 Persönlichkeiten, in eindrücklichen Fotografien von Alexander Jaquemet festgehalten, sind allesamt Schweizerinnen und Schweizer, alle Jüdinnen und Juden. Sie zeigen uns auf bemerkenswerte Art, wie es möglich ist, verschiedene Identitäten, verschiedene Kulturen in sich zu vereinen:

Sei es zum Beispiel die ehemalige Bundesrichterin, der die Emanzipation eine aussergewöhnlich Karriere ermöglicht hat, als Jüdin und als Frau; sei es der Rechtsanwalt, für den es kein Widerspruch ist, praktizierender Jude und Vorstandsmitglied in der SVP-Kreispartei zu sein; sei es die Kinounternehmerin, für die Kino und Judentum eng mit den Begriffen Heimat und Tradition verbunden sind; sei es der Viehhändler, dessen Vorfahren alle Surbtaler Jiddisch sprachen und dessen christlicher Metzger es heute noch spricht; sei es die ehemalige Polizeidirektorin, die als Kind zur Flucht aus Ägypten gezwungen und später selber zur „Schweizermacherin“ wurde.

Diese spannenden Biografien machen deutlich, wo wir, die Schweizer Juden, heute, 150 Jahre nach der Emanzipation stehen: Wir sind nicht einfach gut integriert - wir sind ein integraler Bestandteil dieses Landes und dieser Gesellschaft geworden. Heute gestalten die rund 18000 Schweizer Jüdinnen und Juden Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur mit.

Diese Ausstellung, diese Reise zu den Schweizer Juden soll all jene ansprechen, denen eine offene, pluralistische Schweiz am Herzen liegt. Sie soll diejenigen ansprechen, die ihren jüdischen Mitmenschen mit Neugierde und Toleranz begegnen. Und sie soll all jene ansprechen, die nicht zuletzt die Gemeinsamkeit mit dem anderen suchen und nicht den Unterschied.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und übergebe nun das Wort an den “Hausherrn” Professor Hengartner, dem Rektor der Universität Zürich.

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