Sunday, 17. June 2012,

Sehr geehrte Mitglieder des Präsidiums der Abgeordnetenversammlung

Sehr geehrte Mitglieder des Rates

Sehr geehrte Abgeordnete

Ich nehme die Gelegenheit gerne wahr, im Namen des SIG einige Grussworte an Sie zu richten, und danke Ihnen sehr herzlich für die Einladung.

Seit ich im November 2010 letztmals bei Ihnen zu Gast war, konnten wir unsere guten Beziehungen weiter festigen und auch neue schöne Kontakte zwischen unseren Religionsgemeinschaften knüpfen. In der Evangelisch-Jüdischen Gesprächskommission und bei den Treffen der Delegationen Ihres Rates und unserer Geschäftsleitung wird weiterhin intensiv diskutiert. Und natürlich schätze ich die persönlichen Begegnungen mit Ihnen, Herr Pfarrer Gottfried Locher, als Fortsetzung der guten Kontakte mit Ihrem Vorgänger, Pfarrer Thomas Wipf, ganz besonders.

Ich darf also mit Freude feststellen: Zwischen den Vertretern der evangelischen und der jüdischen Gemeinschaften in der Schweiz besteht ein offenes und respektvolles Verhältnis auf Augenhöhe. Wir schätzen es auch sehr, dass Sie unseren Anliegen und bisweilen auch Befürchtungen als kleiner Religionsgruppe Interesse und Verständnis entgegenbringen. Das ist nicht selbstverständlich, vielen herzlichen Dank dafür.

Ein Meilenstein in unserem Dialog, der nun mehr als sechzig Jahre zurückreicht, nämlich seit der Durchführung der denkwürdigen Seelisberger Konferenz im Jahre 1947, ist die von der Evangelisch-Jüdischen Gesprächskommission in langjähriger Arbeit erschaffene „Gemeinsame Erklärung zum Dialog von Juden und evangelischen Christen in der Schweiz“. Dieses in seiner Art einzigartige Manifest untermauert das Vertrauen zwischen Juden und Christen in unserem Land und hilft entscheidend bei der Überwindung von Stereotypen.

Die in beiden Religionen verankerte Achtung des Anderen wird in der Erklärung besonders betont. Dabei liegen im Text entscheidende Wegweiser für uns alle: Jeder von uns hat die Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen und der Umwelt zu übernehmen, die Natur und ihre Geschöpfe zu achten, die Menschlichkeit jedes Menschen zu ehren und den Eigenen und den Fremden den gebührenden Respekt zu zollen. Damit erhält diese Erklärung auch in den aktuellen politischen Debatten zu Asylfragen besondere Bedeutung.

Der Wert der Erklärung liegt indes nicht nur in dieser selbst, sondern auch im vorangegangenen Dialogprozess. Während dieser Zeit sind das gegenseitige Wissen und das Verständnis füreinander stetig gewachsen. Ich denke, alle Beteiligten haben dies als Bereicherung empfunden und, ich bin sicher, werden weiter an diesem Ziel arbeiten..

Leider passt dazu wenig – und ich erlaube mir, nun auch ein kritisches Thema anzuschneiden – dass sich die Evangelische Kirche beim Nahost-Konflikt aus unserer Sicht nicht immer sehr ausgewogen verhält. So passiert unter anderem im Bericht über die Nahost-Reise einer Delegation des SEK von Ende 2010.

Ich möchte hier die Mängel der israelischen Politik nicht schön reden, aber, so frage ich mich, warum, äussern sich gewisse Exponenten Ihrer Kirche, und insbesondere das HEKS, oftmals so einseitig, wenn es um die Verteidigung von Menschenrechten geht? Warum wird der israelische Standpunkt in dieser komplexen Diskussion kaum zur Kenntnis genommen, und warum finden wir in der Neuen Zürcher Zeitung oder in andern Medien keine Aufrufe zum Einsatz für die Menschenrechte in Syrien, Saudiarabien, Iran, China, um nur einige der wahrhaft menschenrechtsverachtenden Länder zu nennen??

Mit den Boykottforderungen hinsichtlich Produkten aus israelisch besetzten Gebieten hat das HEKS aus unserer Sicht eine empfindliche Linie überschritten. Das hat auch mich persönlich und viele andere in der jüdischen Gemeinschaft sehr betroffen gemacht. Ich durfte immerhin mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen, dass verschiedene kirchliche Kreise ihr Missfallen über diese Aktion des HEKS zum Ausdruck brachten, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil es ihnen bewusst ist, dass, wenn immer gegen Israel Stimmung gemacht wird, die Juden in unserem Land dies direkt zu spüren bekommen.

Nicht unerwähnt soll aber auch bleiben, dass sich der SEK auch immer wieder für die Interessen der jüdischen Gemeinschaft öffentlich einsetzt. Das jüngste Beispiel ist ein eindrückliches Schreiben der Solidarität und Verbundenheit, dass wir nach dem schrecklichen Übergriff in Toulouse von Ihnen erhalten haben. Dafür danke ich Ihnen im Namen des SIG von Herzen.

Dies zeigt – und ich bin auch davon überzeugt, liebe Damen und Herren – dass der Kampf um eine menschlichere Gesellschaft unsere Religionsgemeinschaften zutiefst verbindet. Dies gilt es zu betonen, und wo es Differenzen gibt, lassen Sie uns diese benennen und respektvoll angehen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass Sie mir meine Worte – ganz im Sinne von Pfarrer Wipf: „miteinander anstatt übereinander reden“ – nicht übel nehmen, sondern als Ausdruck der Offenheit unter Freunden verstehen.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen weiterhin eine erfolgreiche Tagung.

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