Monday, 8. November 2010,

Sehr geehrte neu gewählte bzw. wiedergewählte Mitglieder des Präsidiums der Abgeordnetenversammlung

Sehr geehrte neu gewählte bzw. wiedergewählte Mitglieder des Rats des SEK

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete

Sehr verehrte Gäste

Und last, but not least, Lieber Pfarrer Thomas Wipf

Ich freue mich, auch dieses Jahr einige Grussworte im Namen des SIG, aber auch ganz persönlich, an Sie richten zu dürfen. Ich stehe heute hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits freue ich mich darüber, dass die Beziehungen zwischen dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund und dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund auch im vergangenen Jahr weiter stark gefestigt wurden. Andererseits bedauere ich sehr, dass Ihr Präsident, Herr Pfarrer Thomas Wipf, auf Ende Jahr zurücktritt und somit auch aus dem Schweizerischen Rat der Religionen ausscheidet.

Dir, lieber Thomas, verdanke ich es vor allem, dass ich mich in den interreligiösen Gremien und vor allem im Schweizerischen Rat der Religionen, den Du seit Anbeginn präsidiert hast, sehr zu Hause fühle. Ich schätze die Begegnungen und Gespräche mit Dir immer sehr und danke Dir herzlich dafür, dass Du stets bedacht warst, auch unsere jüdischen Positionen zu verstehen.

Die letzten Jahre waren durch einen tiefgreifenden Wandel geprägt. Die religiöse Landkarte der Schweiz hat sich in wenigen Jahren stark verändert. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften wurden vor neue Herausforderungen gestellt, und die religiöse Vielfalt öffnete neue Horizonte, aber auch neue Konfliktfelder. So entstanden zwischen religiöser Lebensweise und staatlichen Anordnungen zunehmend Spannungsfelder – echte, vor allem aber auch vermeintliche. Gerade in einer Zeit, wo die Sekularisierung mehr und mehr um sich greift, ist es zweifellos wichtig und richtig, dass sich die gesellschaftspolitische Diskussion auch mit religionspolitischen Themen befasst. Ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang sind zweifellos die religiösen Symbole in der Öffentlichkeit. Dass es dabei indes vor allem zu populistischen Auseinandersetzungen kommt, wie zum Beispiel zu Burka- und Kopftuchverboten, Kreuze auf Bergspitzen usw. ist aber mehr als bedauerlich.

Es wird deshalb immer bedeutender, dass die Religionsgemeinschaften gemeinsame Antworten formulieren, um gestärkt an der Debatte teilzunehmen. Es ist eine Errungenschaft für die Schweizer Gesellschaft, dass konfessionelle und andere Minderheiten ihre Kultur leben und ihre Religion frei und selbstbestimmt ausüben können. Diese Errungenschaft muss bewahrt werden.

Im Mai 2006 waren die Vertreter der drei grossen monotheistischen Religionen in Bern zusammengekommen, um den Schweizerischen Rat der Religionen zu gründen. Dieser sollte den Dialog zwischen den Religionen verstärken und zum Erhalt und zur Förderung des religiösen Friedens in der Schweiz beitragen. Herr Pfarrer Thomas Wipf war der Initiant dieses neuen Gremiums. Er erkannte schon damals, wie bedeutend der Zusammenhalt unter den Religionsgemeinschaften ist. Die heutigen Debatten zeigen, wie recht er hatte.

Ziel des Rats ist es, das Vertrauen, das Verständnis und den Respekt zwischen den Religionsgemeinschaften zu stärken, den institutionalisierten Dialog zu ermöglichen, in religionspolitischen Fragen gemeinsam aufzutreten und als Ansprechpartner für die Bundesbehörden zu fungieren. Dieses Ansinnen ist nach meinem Empfinden sehr gut gelungen.

Pfarrer Wipf hat damit eine Vision umgesetzt, die ich teile: einen Ort der regelmässigen Begegnung und des Dialogs zu schaffen – oder wie er es ausdrückte, miteinander statt übereinander zu sprechen. Er hat den Rat der Religionen von Beginn an geprägt und ihn der Öffentlichkeit näher gebracht. Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, wie sehr mir der interreligiöse oder ganz allgemein der interkulturelle Dialog am Herzen liegt. In einer Zeit verstärkterVerunsicherheiten und Polarisierungen sind diese Begegnungen ganz wichtig.

Trotz der verschiedenen Ansichten, die im Rat der Religionen vertreten werden, finden wir im Gespräch gemeinsame Nenner. Besonders hat mich gefreut, dass wir im letzten Jahr mit einer einstimmigen Stellungnahme gegen die Minarettverbots-Initiative an die Öffentlichkeit treten konnten.

Ebenfalls der Initiative von Dir, lieber Thomas, ist es zu verdanken, dass wir nun schon seit einigen Jahren zwischen dem SIG und dem SEK regelmässige bilaterale Gespräche zu Themen gemeinsamen Interesses führen.

Ein wichtiges Ereignis, welches in Deine Amtszeit fiel, war das 60-Jahre-Jubiläum der internationalen „Dringlichkeitskonferenz gegen den Antisemitismus“ in Seelisberg. Der SEK unter Deiner Ägide, die Schweizerische Bischofskonferenz und der SIG unter meinem Vorgänger, dem viel zu früh verstorbenen Professor Alfred Donath, organisierten dieses Treffen. Es würdigte in aller Form die Fortschritte in der jüdisch-christlichen Zusammenarbeit, für die vor über sechs Jahrzehnten der Weg geebnet wurde. Die erste Konferenz in Seelisberg, nur zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, war der Start einer vertieften christlich-jüdischen Beziehung. Die Jubiläumsfeier erinnerte uns alle daran, wie wichtig dies in einem demokratischen Rechtsstaat auch heute noch ist.

Wir sind über die guten Beziehungen zum SEK, die in einer offenen und freundschaftlichen Atmosphäre gepflegt werden, sehr glücklich. Das theologische und gesellschaftspolitische Gespräch innerhalb der Evangelisch-Jüdischen Gesprächskommission und Dialoggruppe ermöglicht es, uns besser kennen zu lernen und somit auch besser zu verstehen. Kennen und Verstehen führen zweifellos zu einem Abbau von Vorurteilen und zu einer Stärkung der gegenseitigen Toleranz.

Vor einigen Tagen stellte die Evangelisch-Jüdische Gesprächskommission unter der Ägide unserer beiden Dachverbände die „Gemeinsame Erklärung zum Dialog von Juden und Christen in der Schweiz“ der Öffentlichkeit vor. Juden und Christen geben darin ihrem gegenseitigen Vertrauen und ihrem gegenseitigen Respekt Ausdruck. Ich bin überzeugt, dass diese Erklärung ein weiterer Meilenstein unserer Beziehung und unseres Dialogs sein wird.

Lieber Thomas, mit Deinem angenehmen Umgang, Deinem Interesse für andere Religionen und Deinem Respekt gegenüber Andersdenkenden hast Du den Weg geebnet für eine fruchtbare Zusammenarbeit unter den Religionsgemeinschaften. Als erster Präsident des Rats der Religionen hast Du ihm Dynamik verliehen, ohne Deine Prinzipien zu verleugnen. Du hast den Rat geschickt durch Stürme manövriert und ihn zu einem respektierten und anerkannten Gremium gemacht. Dafür möchte ich Dir persönlich danken.

Ab Januar kommt mir die Ehre zuteil, Dein Nachfolger als Vorsitzender des Rates der Religionen zu sein. Dabei werde ich sicherlich eigene Akzente setzen, doch wird es mir eine Ehre sein, den Rat in Deinem Geiste weiterzuführen. Ich erlaube mir dabei, gelegentlich auf Deinen reichen Erfahrungsschatz zurückzugreifen. In diesem Sinne freue ich mich auf unsere weiteren Begegnungen.

Dem SEK und Ihnen allen, sehr verehrte Abgeordnete, möchte ich für die guten Beziehungen und den vertrauensvollen Dialog danken. Ich freue mich darauf, die gute Zusammenarbeit mit Ihnen, Herr Pfarrer Gottfried Locher, fortzusetzen, und auf viele interessante und bereichernde Gespräche. Ihnen und allen neu Gewählten wünsche ich viel Erfolg und Befriedigung in Ihren neuen Ämtern.

Es gilt das gesprochene Wort

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